Montag, 20. Juli 2015

Preisgekrönte NDR-Doku über Eichmann entpuppt sich als Märchenstunde



Die Judenverfolgung im Dritten Reich gilt der öffentlichen Meinung als die am besten erforschte Geschichte überhaupt. Allerdings weiß der Durchschnittsbürger von dieser Geschichte nur soviel, wie er es vom Schulsystem und den Leitmedien - um nicht zu sagen, von der Propaganda - eingetrichtert bekommt.

Bücher wie Lennie Brenners "Zionismus und Faschismus", aber auch Dokus wie die obere verdeutlichen, welcher Mangel an Wissen in der öffentlichen Wahrnehmung vorherrscht.
»Mit journalistischen Grundsätzen hat das nichts mehr zu tun«
Kritik am NDR: Im Dokudrama »Eichmanns Ende – Liebe, Verrat, Tod« stimmt so gut wie gar nichts. Ein Gespräch mit Gaby Weber
Sie haben sich seit Jahren mit den Umständen der Entführung des Naziverbrechers Adolf Eichmann im Jahre 1960 aus Argentinien befasst. In Ihrem neuen Film greifen Sie das Thema erneut auf – Stein des Anstoßes ist das weltweit ausgezeichnete Dokudrama des NDR »Eichmanns Ende – Liebe, Verrat, Tod«. Was stimmt an diesem Streifen denn nicht?
Mein Film heißt »Desinformation – Ein Lehrstück über die erwünschte Geschichte«. Wir haben doch alle jahrelang die spannende Geschichte von der Eichmann-Entführung geglaubt und die mutigen Agenten des israelischen Geheimdienstes bewundert. Das Problem ist allerdings: So gut wie gar nichts stimmt an dieser Darstellung, die der Mossad in die Welt gesetzt hat.
Ich hatte den Bundesnachrichtendienst (BND) vor einigen Jahren auf Herausgabe der Eichmann-Akten verklagt – mit Erfolg. Etliche Passagen in den Dokumenten waren allerdings geschwärzt, was ich zum Anlass für weitere Recherchen nahm.
Dass sich Eichmann in Argentinien aufhielt, war dort weithin bekannt – nicht nur in Kreisen emigrierter Nazis, sondern auch in der jüdischen Gemeinde von Buenos Aires. Der aus Deutschland geflüchtete Jude Lothar Herrmann hat 1954 sogar die israelische Botschaft in Buenos Aires davon unterrichtet und sich später an den hessischen Generalstaatsanwalt Fritz Bauer gewandt. Nichts ist geschehen – bis Eichmann schließlich 1960 in Israel präsentiert wurde, angeblich entführt.
Das klingt jetzt ungewohnt – hat es diese Entführung nicht gegeben?
Nein, Eichmann ist freiwillig nach Israel gereist. Wenn man die BND-Akten gelesen hat, muss man sich auch fragen, welche Staatsbürgerschaft er eigentlich hatte. Nach meinen Recherchen ist es sehr wahrscheinlich, dass er die israelische besaß.
Eichmann soll also Israeli gewesen sein?
Bevor er in die Dienste der SS trat, war er Angestellter der Standard Oil Company. In dieser Eigenschaft war er öfter in Palästina, was damals britisches Mandatsgebiet war. Er hat dort Kontakte zu zionistischen Persönlichkeiten geknüpft und sogar Hebräisch gelernt. Er sprach auch ganz gut jiddisch. Diese Sprachkenntnisse kamen ihm später im Judenreferat des Reichssicherheitshauptamtes zugute.
Eichmann reiste also im Auftrag von Rockefeller, dem die Firma gehörte?
Ja, natürlich. Dieser Ölmilliardär aus den USA wollte seinen Einfluss im Nahen Osten ausweiten. Weil Eichmann mit seinem deutschen Pass keine Chance hatte, dass die britische Mandatsmacht ihn einreisen lassen würde, verfiel er auf einen Ausweg. Er besorgte sich also eine Geburtsurkunde, die belegen sollte, dass er in einer Kolonie des christlichen Ordens der Tempelritter in der Nähe von Haifa geboren wurde. Ausgestellt war die Urkunde auf den Namen »Karl Eichmann«. Alle diese Dokumente sind übrigens in meinem Film abgebildet.
Er bekam also einen palästinensischen Pass und konnte damit problemlos in das britische Mandatsgebiet reisen. Als 1948 der Staat Israel gegründet wurde, wurden alle palästinensischen Pässe in israelische umgetauscht.
Warum hätte Eichmann ausgerechnet nach Israel gehen sollen? Und das noch freiwillig?
Wo sollte er hingehen? In Deutschland lief ein Haftbefehl gegen ihn, und Argentinien wollte ihn loswerden, ihm drohte die Abschiebung. In Israel hatte er unter hartgesottenen Zionisten viele Freunde – auch das ist dokumentiert.
Das Dreiste an diesem NDR-Film sind zwei Dinge: Zum einen hatte ich den Sender gebeten, noch einige Tage mit der Ausstrahlung zu warten, damit in diesem Dokudrama noch Erkenntnisse aus den BND-Akten verwertet werden können. Der NDR behauptet, seine Dokumente seien authentisch – das stimmt aber nicht. Zweitens: Rahmenhandlung des NDR-Films ist eine Liebesgeschichte, die es nie gegeben hat. Die Tochter des erwähnten Lothar Herrmann, Silvia, soll ein Verhältnis mit Klaus Eichmann gehabt haben, dem Sohn des Kriegsverbrechers. Zur Zeit der Entführung war sie gerade mal zwölf Jahre alt. Sie lebt heute in den USA, bestreitet die Darstellung des NDR und hat dessen Reporter herausgeworfen.
Der NDR hat sich bis heute nicht für diese groteske Geschichtsfälschung entschuldigt. Auch der Rundfunkrat wollte keine Rüge aussprechen, der jüdische Vertreter in diesem Gremium ebenfalls nicht. Den NDR interessiert es nicht einmal, einen Blick auf die Geburtsurkunde dieser Silvia zu werfen – ihm reicht es, dass im Film ein Mossad-Agent auftritt und behauptet, das Mädchen sei 17 Jahre alt gewesen. Mit einer historischen Dokumentation und journalistischen Grundsätzen hat das alles nichts mehr zu tun.
Englische Fassung: youtube.com/watch?v=0569i90Gpuo
Spanische Fassung: youtube.com/watch?v=_JvEhLuneHU
Quelle: jungeWelt 

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